Die Teilnehmer:innen des Pilotprojektes in Sanaà, Jemen, hatten sich darauf verständigt, in der Mittagspause nicht zum Essen in die Stadt zu fahren und damit Zeit zu verlieren, sondern sich das Essen in den großen Tagungsraum bringen zu lassen. Außerdem blieb dann noch Zeit, sich im Garten die Beine zu vertreten.

Pünktlich zur vereinbarten Zeit wurde das Essen gebracht. Das Essen war schmackhaft und unglaublich reichhaltig.

Ina, die Tagungsleiterin und Referentin beobachtete, dass täglich Unmengen von übriggebliebenem Essen im Papierkorb landete. Sie war entsetzt und teilte dies auch den Teilnehmern mit. Was können wir machen? Sollen wir kleinere Portionen bestellen? Wollt ihr davon mit nachhause nehmen? Ratlosigkeit, auch ein wenig Betroffenheit breiteten sich aus. Schließlich kam jemand auf die Idee:“Auf dem Gelände arbeiten Somalier, Flüchtlinge*, denen könnten wir das doch geben. Die sind sicherlich glücklich, ihren Kindern etwas mitzubringen.“ Dieser Vorschlag löste eine heftige Diskussion aus. Flüchtlinge sind Hilfsbedürftige, denen sollte man das Essen geben – einerseits. Andererseits, die bekommen schon genug Unterstützung vom Staat. Viele landen in der Thiama, der Wüste, und der Staat versorgt sie mit allem, besonders auch mit Wasser, was unseren Leuten dann fehlt.

„Sollen wir denn das Essen wegwerfen?“fragte Amira. Ratlose Betroffenheit. In die Stille hinein bemerkte Saif:“ Ich würde das vermatschte Essen aber nicht haben wollen. Schaut euch doch an wie das im Abfall aussieht.“

„Wir könnten ja mit dem Essen ein wenig anders umgegehen“, meinte Hassan.

Dieser Gedanke schien die Lösung zu bringen, denn nun entwickelten alle Ideen bis hin zur Frage, wer dann das Essen den Somaliern bringen würde.

Aus der anfänglichen Verlegenheit – Schüchternheit – Scham auf beiden Seiten bei den Jemeniten wie bei den Somaliern entwickelte sich im Laufe der Wochen eine Freundschaft, an der sogar die Frauen beteiligt waren.

Wachsendes Vertrauen ermöglichte Verstehen, dieser behutsame Wandel sogar Freundschaft.

*2010 war der Jemen schon lange mit dem Flüchtlingsproblem aus Afrika konfrontiert.